Gute Gedichte schreiben – 5 Schritte zum Erfolg

Gedichte schreiben – das ist doch etwas für hoffnungslose Romantiker, naive Schulmädchen und hängengebliebene Hip-Hoper.

Oder etwa nicht?

Selbst wenn du dich zu keiner der drei Kategorien zählst, solltest du es mal mit dem Gedichteschreiben probieren. Es bringt viel Freude, Selbsterkenntnis und ganz neue Ausdrucksmöglichkeit mit sich. Worauf du dabei achten solltest, verrät dir dieser Artikel.

Ideen für Gedichte sammeln

Worüber sollst du eigentlich schreiben? Um loszulegen brauchst du eine Idee. Allerdings ist es dafür nicht nötig rumzugrübeln und sich den Kopf zu zermartern. Die Ideenfindung kann auf ganz wunderbar kreative Weise vonstatten gehen, um so zur Inspiration zu finden.

Themen sammeln

Erstelle eine Liste mit allen Themen, über die du gerne einmal schreiben möchtest. Du kannst jetzt sofort damit beginnen und sie zur Seite legen, falls dir nichts mehr einfällt. Sobald dir dann ein neues Thema durch den Kopf geht, fügst du es hinzu.

Hilfreich ist es, wenn du deine Ideen immer am gleichen Ort notierst – egal, ob in analoger oder digitaler Form. Schließlich weißt du nie, in welchem Moment dir ein Thema einfällt, zu dem du später mal ein Gedicht verfassen kannst. Führe also immer ein Notizbuch mit.

Du musst dir nicht sicher sein, dass aus deiner Idee später tatsächlich ein Text wird. Schreib im Zweifel immer auf, was dir durch den Kopf schießt. Nur so gehst du sicher, keinen guten Einfall ziehen zu lassen. Außerdem trainierst du auf diese Weise deine Fähigkeit, auf neue Themen zu kommen.

Als Themen eignen sich grundsätzlich alle Einfälle, ganz egal, ob sie die großen Fragen der Menschheit oder die kleinen Fragen des Alltags berühren.

Mögliche „große“ Themen:

  • Lebenssinn
  • Glück
  • Freiheit
  • Liebe

Mögliche „kleine“ Themen:

  • eine kaputte Kaffemaschine
  • die flotten Sprüche des Kollegen
  • deine juckende Nase
  • Nieselregen oder Sonnenstrahlen

Assoziationen anregen

Im Alltag sind wir häufig sehr verkopft. Dichten ist jedoch eine kreative Angelegenheit, bei der es wichtig ist, unserer Intuition zu vertrauen. Logik und Vernunft sind dabei nicht immer hilfreich.

Aktiviere bei der Ideensammlung deine kreativen Kräfte! Beschränke dazu die Zeit, so dass du nicht zu lang überlegst, was du aufschreibst.

Alles ist erlaubt!

Du wirst selbst überrascht davon sein, was du zu Papier bringst.

Gib dir einfach selbst einen Begriff vor und lege los!

Mögliche Methoden, die du dabei anwenden kannst sind:

  • Freies Schreiben
  • Mindmapping und Brainstorming
  • Clustern
  • Ausgefallene Listen erstellen

Sinneseindrücke nutzen

Indem du dich bewusst auf deine Sinneseindrücke konzentrierst, legst du die Basis für ein lebendiges, ausdrucksstarkes Gedicht. Du vermeidest es, zu abstrakt zu denken und zu schreiben und wirst konkret.

Lass dich ganz darauf ein, was um dich herum passiert, und notiere deine Eindrücke:

  • Was siehst du?
  • Was hörst du?
  • Was riechst du?
  • Was spürst du?

Versuche möglichst genau auf den Punkt zu bringen, was du empfindest. Vielleicht schießen dir sprachliche Bilder, Laute oder Vergleiche durch den Kopf, die dir besonders treffend erscheinen. Halte sie unbedingt fest!

Sie sind das Rohmaterial, aus dem du später dein Gedicht formen wirst.

Schreiborte aufsuchen

Um Ideen anzuregen, kannst du dich auch an ausgewählte Orte begeben. Wo warten besonders viele oder intensive Sinneseindrücke auf dich?

Es kann sich um eine belebte Fußgängerzone oder um eine einsame Lichtung im Wald handeln, um deinen Lieblingsspielplatz in der Kindheit oder um einen Ort, an den du dich in der Zukunft wünscht.

Nimm dir Zeit, lass die Geräusche, die Farben und Formen, Gerüche und klimatischen Bedingungen auf dich wirken und notiere Ideen, Eindrücke oder sogar schon erste Verse.

Inspiration fürs Gedichteschreiben durch Sinneseindrücke:

Sprache in eine lyrische Form bringen

In Gedichten ist die Form mindestens so wichtig wie der Inhalt. Deshalb kommt der Analyse und Interpretation von Gedichten eine hohe Bedeutung zu. Das heißt nicht, dass sich eine einfache Antwort auf die so ungeschickte Deutschlehrerfrage finden ließe:

Was will uns der Dichter damit sagen?

Cliché-Deutschlehrer

Würde uns der Dichter eine ganz bestimmte Sache mit einem Gedicht sagen wollen, so hätte er die Sache einfach gesagt.

Die sprachliche und inhaltliche Komplexität von Gedichten lässt sich nicht übersetzen, ohne deren Aussage zu verflachen. Umso wichtiger ist es, ein Gespür für die formalen Strukturen von Lyrik zu bekommen. So kannst du sie nicht nur bei der Lektüre sondern auch beim Verfassen eigener Gedichte für dich nutzen.

Reimformen

Die am häufigsten verwendeten Reimformen in Gedichten lauten: Paarreim (aabb), Kreuzreim (abab), umarmender Reim (abba) und Schweifreim (aabccb). Zur Verdeutlichung, wie sich diese Möglichkeiten konkret anwenden lassen folgen hier vier unterschiedliche Versionen eines Gedichts über diesen Artikel.

Artikel übers Gedichteschreiben (Paarreim)

Dies ein Text über Lyrik (a)

Am Ende kein Zweifel mehr übrig (a)

Dies ein Text über Dichtung (b)

Am Ende kein Zweifel in Sicht, Punkt (b)

Artikel übers Gedichteschreiben (Kreuzreim)

Dies ein Text über Lyrik

Dies ein Text über Dichtung

Am Ende kein Zweifel mehr übrig

Am Ende kein Zweifel in Sicht, Punkt

Artikel übers Gedichteschreiben (umarmender Reim)

Dies ein Text über Lyrik

Dies ein Text über Dichtung

Am Ende kein Zweifel in Sicht, Punkt

Am Ende kein Zweifel mehr übrig

Artikel übers Gedichteschreiben (Schweifreim)

Dies ein Text über Lyrik (a)

Am Ende kein Zweifel mehr übrig (a)

Die Sache ist sicher von Nöten (b)

Dies ein Text über Dichtung (c)

Am Ende kein Zweifel in Sicht, Punkt (c)

Wir machen’s wie Schiller und Goethe (b)

Metrum

Mit Metrum ist der Rhythmus eines Gedichts gemeint. Als wichtigste Metren lassen sich unterscheiden: Jambus (unbetont – betont bzw. IX), Trochäus (betont – unbetont bzw. XI), Daktylus (betont – unbetont – unbetont bzw. XII), Anapäst (unbetont – unbetont – betont bzw. IIX).

Es folgen verschiedene Versionen eines Gedichts mit dem Titel „Perspektivlos“, die verdeutlichen, wie sich die unterschiedlichen Metren anwenden lassen.

Perspektivlos (Jambus)

Ich weiß nicht weiter, Menschenskind

Das kann doch gar nicht sein

bin ich denn wirklich gar so blind

wo mag ein Ausweg sein?

Perspektivlos (Trochäus)

Weiß nicht weiter, Menschenskinder

Da ich immer wen’ger sehen kann

Bis ich noch am End erblinde

Dunkle Nacht sich um mich legt dann

Perspektivlos (Daktylus)

Weiß echt nicht weiter jetzt

was soll ich tun verdammt

Gibt es denn einfach kein‘

Weg, den ich suchen kann?

Perspektivlos (Anapäst)

keinen Plan, weiter nichts

einfach da, keine Sicht

gar kein Licht, gar kein Weg

denk‘ nur schal: überleg!

Traditionelle Gedichtformen

Eine schöne Möglichkeit, um mit dem Gedichteschreiben zu beginnen, besteht darin, sich an traditionellen Formen zu orientieren. Dabei greifst du auf bewährte Muster zurück und füllst sie mit neuem Leben. Varianten der vorgegebenen Regeln sind dabei explizit erlaubt!

Hier nun drei Beispiele für traditionelle und sehr verbreitete Gedichtformen, an denen du dich formal orientieren kannst:

  • Das Elfchen besteht wie der Name schon sagt aus elf Wörtern, die sich wie folgt aufteilen: 1. Zeile: 1 Wort 2. Zeile: 2 Wörter 3. Zeile: 3 Wörter 4. Zeile: 4 Wörter 5. Zeile: 1 Wort.
  • Im Akrostichon bilden die Anfangsbuchstaben der einzelnen Versanfänge zusammen ein neues Wort.
  • Das Sonett verfügt meist über 14 fünffüßige, jambische Verse, die sich auf zwei vierzeilige und zwei dreizeilig Strophen aufteilen.

Einen schönen Überblick über weitere Möglichkeiten findest du in dieser Liste verbreiteter Gedichtformen.

Eigene Regeln entwickeln

Beim Dichten Regeln beachten bedeutet nicht zwangsläufig, dass du einfach fremde Vorgaben übernimmst. Du kannst die Regeln oder besser Regelmäßigkeiten deines Gedichts während des Dichtens auch selbst entwerfen.

Dies ist ein interessanter Prozess, bei dem du zwischen Intuition und Analyse hin und herwechselst und so deine ganz eigene Gedichtform entwickelst. Es gibt dabei keine Beschränkungen. Wie genau deine Regeln lauten, entscheidest du selbst.

Hier folgt nun ein Beispiel zur Vorgehensweise. Ich habe einen Anfangssatz im Kopf und notiere diesen:

Ich tippe in die Tasten meiner schnöden, alten Schreibmaschine

Nun könnte ich die metrischen Besonderheiten dieses ersten Verses im folgenden Versen aufgreifen und wiederholen:

Ich tippe in die Tasten meiner schnöden, alten Schreibmaschine

Ich flippe aus auf Kosten meiner blöden, alten Leidensmiene

Oder ich setze einen ganz anderen zweiten Vers ein, der im Kontrast zum ersten Vers steht:

Ich tippe in die Tasten meiner schnöden, alten Schreibmaschine

Was mach‘ ich da?

Dann könnte es nach dem gleichen Muster weitergehen:

Ich tippe in die Tasten meiner schnöden, alten Schreibmaschine

Was mach‘ ich da?

Es ist wichtig zu rasten, wenn du mal nicht weiter weißt, Hermine

Ist dir das klar?

Nun analysiere ich die auftretenden Regelmäßigkeiten, um sie zur Regel für den weiteren Verlauf des Gedichts zu machen. Unter anderem fallen mir auf: Kreuzreim; Aussagen und Fragen wechseln sich ab; Metrum ist eine Mischung aus Trochäus, Daktylus und freiem Metrum.

Damit könnte eine zweite Strophe wie folgt aufgebaut sein:

Ich schnippe jetzt zu Lasten meiner öden, kalten Cyberschmiede

Bist du ein Star?

Es ist nichtig zu quasseln, denn du kannst nicht jeden Scheiß verbieten

Ist das genial?

Gedichte schreiben: alternative Herangehensweise

Indem du mögliche formale Regelmäßigkeiten in Gedichten kennst, verfügst du über ein gewisses Repertoire. Du musst jedoch nicht zwangsläufig regelhafte Gedichte verfassen.

Lyrik muss sich weder reimen, noch muss sie einem bestimmten Versmaß oder Metrum entsprechen. Statt strenger Regeln gibt es alternative Herangehensweisen, die dich beim Gedichteschreiben weiterbringen.

Freie Verse

In freien Versen lassen sich keine (durchgängigen) metrischen Regelmäßigkeiten feststellen. Dies geht manchmal so weit, dass entsprechende Gedichte wie Prosatexte mit eigenwilligem Zeilenumbruch wirken.

Willkürlich ist deren sprachliche Gestaltung deshalb jedoch keinesfalls.

Die Kürze oder Länge der Zeile sowie ihre metrische Beschaffenheit drückt etwas aus, auch wenn sich das Gedicht in seiner Gesamtheit regelmäßigen Strukturen entzieht.

Freie Verse bieten dir die größtmögliche Gestaltungsfreiheit. Zugleich ist es eine immense Herausforderung, keine Beliebigkeit aufkommen zu lassen.

Lautmalerei

Beim Gedichteschreiben bist du nicht auf die standardsprachlichen Möglichkeiten beschränkt. Du musst dich noch nicht einmal an Grammatik, Rechtschreibung oder Zeichensetzung halten, insofern du auf bewusste und gezielte Weise von ihnen abweichst.

Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür, wie flexibel und kreativ du mit Sprache umgehen kannst, ist die Lautmalerei oder auch Onomatopoesie:

  • Die Lautebene von Wörtern kann deren Bedeutung besonders eindrücklich machen (rascheln, zwitschern, summen).
  • Laute lassen sich in Gedichten auch bedeutungsvoll einsetzen, ohne echte Wörter sein zu müssen (wumm, krtzsch, rrring).

Wir sind andauernd umgeben von Sprache. In der U-Bahn, auf der Arbeit, im Fernsehen – ständig hören wir Menschen reden. Auch wenn uns vieles davon vorkommt wie heiße Luft, so sind doch auch immer wieder Schmankerl dabei, die eine großartige Ausgangsbasis für unsere dichterische Arbeit bilden.

Den Leuten aufs Maul schauen

Höre den Menschen zu und notiere Ausdrücke, Wörter und Phrasen, die dir interessant erscheinen. Sie können dich auf ein Thema hinweisen, zu dem du einmal etwas schreiben möchtest oder selbst zum Material in einem deiner nächsten Gedichte werden.

Collagen

In einem Gedicht muss nicht immer alles neu sein. Wir leben in einem Meer aus Sprache. Je nach Thema kannst du dies nicht nur als Inspirations-, sondern auch als Materialquelle nutzen.

Vielleicht hast du Lust ein eigenes Werk im Bereich Großstadtlyrik zu verfassen?

Dann sammle Wörter, Zitate und Sprüche beim nächsten Spaziergang durch die Haupteinkaufstraße und stell die besten Ergebnisse deiner Jagd als Collage zusammen.

Oder sind die modernen Medien und das Internet ein Themenfeld, das dich interessiert?

Stell doch einfach die markantesten Sprüche und Begriffe aus den sozialen Medien zusammen und forme daraus ein paar ganz eigene Gedichte.

Sprache verdichten

Im Wort Gedicht steckt das Wort „dicht“. Dies weist auf ein entscheidendes Merkmal lyrischer Texte hin: Der Dichter lädt eine sehr überschaubare Menge an Zeichen mit ungemein viel Bedeutung aufgeladen, manchmal kommen ganze Weltsichten und Philosophien zum Ausdruck.

Doch wie gelingt es, einen solch dichten Text zu verfassen?

Es gibt einige sprachliche Möglichkeiten, die dir bei diesem Vorhaben behilflich sein können.

Sprachbilder

Das wohl deutlichste Beispiel dafür, dass die verwendeten Worte immer auch eine übertragene Bedeutung mit sich bringen, sind die so genannten Sprachbilder. Am häufigsten treten auf: Vergleich, Metapher, Allegorie und Symbol.

Zur Verdeutlichung folgt jeweils ein Beispiel zum Thema „Blogartikel schreiben“

  • Vergleich: Blogartikel schreiben ist wie Felsen auf den Berg rollen
  • Metapher: Ich hau‘ in die Tasten all mein‘ Schweiß und Blut und Tränen
  • Allegorie: Beim Blogartikelschreiben gilt es zu Beginn die Segel hissen, den Kompass zu konsultieren: Wohin geht heute die Reise? Dann der Blick auf Proviant, auf die Crew und in die Weite Entdecken wir Kontinente? Werden wir im Nebel schippern?
  • Symbol: Die Tastatur ist der Schlüssel zum Glück auf dem eine Taube klebt Was ich hier mach‘ ist ein bisschen verrückt doch ich bin gut aufgelegt.

Rhetorische Mittel

Es gibt unzählige rhetorische Mittel, die du beim Dichten anwenden kannst. Sie verleihen deinen Versen eine besondere Wirkung und eröffnen dir vielfältige Möglichkeiten, deine Inhalte formal zu betonen oder zu kontrastieren. Ein paar besonders bekannte rhetorische Mittel sind:

  • Rhetorische Frage: eine Frage, auf die man keine Antwort erwartet („Hörst du mir eigentlich zu?“)
  • Oxymoron: sich widersprechende Begriffe („Der hässliche Schöne schwimmt stehend seine runden Bahnen.“)
  • Anapher: Gleichlautende Anfänge aufeinanderfolgender Verse („Ich weiß, dass ich nichts weiß. / Ich weiß, ach, ich weiß nicht.“)
  • Alliteration: Mindestens zweimal der gleiche Anfangslaut hintereinander folgender Wörter („Warum weiß Werner nicht besser Bescheid?“)

Eine schöne Zusammenstelung weiterer Möglichkeiten findet sich hier: Übersicht rhetorische Mittel.

Interne Bezüge

Wichtig ist es bei der Analyse sowie beim Schreiben eines Gedichts, die Bezüge der einzelnen Verse und Wörter untereinander zu betrachten.

Alles hängt mit allem zusammen.

Jeder Begriff ruft ein ganzes Wort- und Themenfeld auf und bringt eine Fülle an möglichen Assoziationen mit sich. Jedes neue Wort ist entsprechend im Zusammenhang der bereits aufgerufenen Bedeutung zu sehen.

Es erfordert einen langwierigen Prozess, ein Bewusstsein für diese Bedeutungsaufladung zu entwickeln. Um sich darin zu verbessern empfiehlt es sich, nicht nur eigene Gedichte zu schreiben, sondern auch fleißig Gedichte anderer Autoren zu lesen, zu analysieren und zu interpretieren. Gedichte interpretieren – das erweitert letztlich deine Kompetenz beim Gedichteschreiben!

In einer Schreibgruppe Gedichte schreiben

Ein Schreibseminar oder ein Schreibkurs unter Anleitung eines Schreibtrainers oder Autorencoachs kann wahre Wunder wirken, um deine Entwicklung als Lyriker voranzutreiben. Aber auch der Besuch einer freien Schreibgruppe und der Austausch mit anderen Autoren kann dich ungemein weiterbringen und motivieren.

Doch wie lässt sich die Zusammenarbeit mit anderen Dichtern so gestalten, dass sie am fruchtbarsten wird?

Ideensammlung

Die Ideensammlung in der Gruppe hat den Vorteil, dass du nicht nur auf deine eigenen Impulse und Assoziationen beschränkt bist. Zu einem Thema, das dich interessiert, hat vielleicht ein anderer Autor einen Einfall, der dich wiederum auf neue Gedanken kommen lässt.

Um dieses Miteinander optimal nutzen zu können, bietet es sich an, gemeinsam Mindmapping, Brainstorming oder Clustering zu betreiben. Hierzu hat jeder Teilnehmer ein großes Blatt Papier vor sich liegen und notiert in die Mitte sein Thema oder seinen Einfall. Daraufhin gehen die Papiere reihum und jeder Autor notiert die Aspekte, Ideen, Sprüche, Assoziation, Verse, Fragen, Aussagen, Zitate etc. hinzu, die ihm dazu einfallen.

So entsteht eine Art Schreibdialog, der dir auf spielerische Weise eine vielschichtige Materialbasis für dein Gedicht liefert.

Vorgaben und Regeln

Das Einbringen formaler Regelmäßigkeiten in Gedichten lässt sich als gemeinschaftliche Schreibübung umsetzen. So kann sich jeder Teilnehmer eine bestimmte Anzahl formaler Vorgaben überlegen (z.B.: „Kreuzreim, nur Substantive, jeder Vers fünf Wörter lang“), diese notieren und an einen anderen Seminarteilnehmer weiterreichen.

Jeder Autor hat nun ein Blatt vorliegen, auf dem steht, worauf er beim Verfassen seines Gedichts zu achten hat. Diese Beschränkung kann produktive Kräfte freisetzen und zu überraschenden Ergebnissen führen.

Gemeinsam Gedichte schreiben

Neben dem gegenseitigen Aufgabenstellen können in einer Schreibgruppe auch auf andere Weise gemeinsam Gedichte geschrieben werden. Eine schöne Möglichkeit besteht darin, ein Gedicht nur zum Teil weiterzuschreiben und weiterzugeben bzw. das Gedicht eines anderen fertig zu schreiben. Dies lässt sich auf unterschiedliche Weise in die Tat umsetzen:

  • Verfassen des Titels
  • Verfassen des ersten Verses
  • Verfassen des Schlusverses

Feedback geben

Der vielleicht hilfreichste Aspekt an der Zusammenarbeit mit anderen Dichtern besteht in der Möglichkeit des direkten Feedbacks.

Auf diese und andere Fragen gibt ein qualifiziertes Feedback Antwort:

  • Wie wirkt dein Gedicht?
  • Welche Stellen sind besonders gelungen?
  • Wo bieten sich eventuell Alternativen an?

Wichtig: Achte beim Feedbackgeben auf eine wertschätzende Grundhaltung, weise zu Beginn und am Ende auf gelungene Aspekte des Gedichts hin und werde niemals persönlich. Kritische Einwände sollten grundsätzlich als subjektiver Eindruck und mit Alternativvorschlägen zu konkreten Textstellen zur Sprache kommen.

Deine ganz persönliche Art Gedichte zu schreiben

Jeder Autor schreibt anders. Selbsterkenntnis ist ein wichtiger Aspekt, um dich und dein Schaffen besser zu verstehen. Was genau möchtest du schreiben und wie gehst du dabei vor?

Gedichte, Romane oder Geschichten schreiben?

Zuerst einmal solltest du entscheiden, ob das Schreiben von Gedichten überhaupt etwas für dich ist.

Die sprachliche Gemachtheit ist sicherlich noch wichtiger als bei Prosatexten. Auch wenn Gedichte manchmal sehr kurz sein können, bedeutet das keinesfalls, dass wenig Arbeit in ihnen steckt. Dennoch wirst du als Lyriker schneller Erfolgserlebnisse erzielen als beim Schreiben von Romanen – schon allein auf Grund des Textumfangs. Ähnlich wie beim Schreiben von Kurzgeschichten kannst du als Lyriker in einem überschaubaren Zeitraum einen in sich abgeschlossenen Text verfassen.

Vielleicht wäre auch das Songschreiben eine Alternative für dich? Dies hat den Vorteil, dass der Text nicht ganz für sich allein steht. Die lyrische Sprache wird vielmehr durch die Musik unterstützt. Allerdings ist es dafür von Vorteil, ein Instrument zu können oder sich ein wenig mit Harmonien auszukennen.

Allerdings solltest du nicht darauf bauen, mit deinen Gedichten auch Geld zu verdienen. Das ist zwar möglich, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Bücher veröffentlichen und davon leben – das ist für Nachwuchsautoren keine leichte Aufgabe, für Dichter ist es heutzutage beinahe unmöglich. Die Erfolgsaussichten bei Wettbewerben oder die Veröffentlichungschancen in Anthologien sind da schon etwas besser.

Mach dir bewusst, welche Ambitionen du beim Gedichteschreiben hast.

Welchen Stellenwert hat das Dichten innerhalb deines Schreibens und in deinem Leben?

Dein Workflow als Dichter

Es gibt viele Arten und Weisen Gedichte zu schreiben. Du kannst dich an strenge formale Vorgaben halten, das freie Schreiben in Versen praktizieren oder dir für jedes Gedicht eigene Regeln überlegen bzw. intuitiv herausarbeiten. Versuche in jedem Fall Form und Inhalt zusammenzudenken. Die sprachliche Dichte ist schließlich ein Merkmal, das Gedichte im Besonderen auszeichnet.

Du solltest für deine Gedichte auch immer eine Überarbeitungsphase einplanen. Wie viel Zeit diese in Anspruch nimmt, hängt von dir ab.

Probiere am besten unterschiedliche Vorgehensweisen aus und finde heraus, welche dir am besten liegt. Vergiss bei all den sprachlichen Merkmalen und Möglichkeiten jedoch nicht, dein Wissen wieder loszulassen und ganz auf den Moment zu vertrauen.

Verlasse dich beim Schreiben auf deine Inspiration und Intuition!

Erst einmal darf alles aufs Papier. Beim Überarbeiten kannst du immer noch an deinen Versen feilen.

Welche Erfahrungen hast du mit dem Gedichteschreiben gemacht?

5 Kommentare, sei der nächste!

  1. Dann schau doch mal in meinen Gedichtband, den ich vor gut 3 Jahren herausgegeben habe, Titel : „Die 10- Minuten Gedichte, Gedichte, die das Leben schreibt “ Denn deine guten Tipps habe ich vor Jahren schon umgesetzt, auch wenn dein Artikel gerade erst erschienen ist. LYRIK WAR MEIN Start ins Autoren-Leben und ich bin stolz darauf
    liebe Grüße Britta Banowski

  2. Lieber Andreas,

    dankeschön für die umfangreiche Anregung! Ich denke, gerade weil Gedichte schnell geschrieben sein können (nicht müssen), ist es eine gewinnbringende Sache für alle Schreibnarren, sich damit einmal auseinanderzusetzen. Das Assoziative und Freie daran kann nicht nur Spaß machen, sondern sich auch für das Schreiben von Geschichten als eine tolle Übung erweisen, glaube ich.

    Ich war einmal in einem Forum, in dem Gedichte ungeheuer selten waren. Bis jemand den „Thread der mutierenden Gedichte“ erstellte! Jeder einzelne Post war ein Gedicht, das eine ganz individuelle und freie Abwandlung des vorigen darstellte. Da in einem Thread nichts verloren geht, musste niemand befürchten, das Gedicht des vorangehenden Postes zu verschlimmbessern – wenn man eine Saga von 10 Strophen auf drei Sätze herunterkochen möchte, dann kann man das also bedenkenlos machen. Und der nächste Mitspieler nimmt vielleicht ganz viel vom vorletzten Gedicht wieder auf, wenn er oder sie Lust dazu hat, oder erfindet wieder was ganz Neues.

    So wird das Gedichteschreiben gemeinschaftlich.
    Das war eine schöne Erfahrung, die ich hier weitergeben wollte. 🙂

    Lieben Gruß!
    Yann

  3. Lieber Andreas,
    meine ersten Gedichte habe ich mit neun Jahren gemacht und dann immer mehr Spaß daran gefunden. Das habe ich auch heute noch. Meine Hauptbeschäftigung ist zwar das Schreiben von Romanen, aber zwischendurch bekomme ich eine Idee für ein Gedicht oder es steht ein aktueller Anlass (Feier) im Familienkreis an, bei dem ein Gedicht gebraucht wird. Da bin ich gerne dabei. In letzter Zeit habe ich „Limericks“ als eine sehr interessante Gedichtform entdeckt. Trotzdem, die Anregungen, die du hier gibt, sind super. Vielen Dank!

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