Der auktoriale Erzähler – was für dein Schreiben?

Ob der auktoriale Erzähler das Richtige für dich ist?

Beantworte dir dazu folgende Fragen:

  • Willst du beim Romanschreiben die Fäden ziehen?
  • Möchtest du die unendlichen Gestaltungsmöglichkeiten kreativen Schreibens für dich nutzen?
  • Fühlst du dich beim Geschichten-Erzählen heimlich wie Gott?

Lautet die Antwort drei Mal Ja, könnte auktoriales Erzählen etwas für dich sein.

Was diese Erzählperspektive ausmacht und was du dabei unbedingt beachten solltest, erfährst du in diesem Artikel.

Eigenschaften der auktorialen Erzählsituation

Beim literarischen Schreiben fungiert der Erzähler als Instanz, die zwischen Autor und Leser steht. Sie vermittelt die fiktionale Welt auf eine bestimmte Art und Weise. Es geht also um mehr als bloß um die Erzählperspektive. Der auktoriale Erzähler befindet sich auf einer höheren Bewusstseinsebene als seine Figuren, die bis zur Allwissenheit reicht.

Eine Fülle an Möglichkeiten

Im Unterschied zu anderen Erzählsituationen musst du dich bei der Wahl des auktorialen Erzählers nicht auf eine bestimmte Perspektive beschränken. Mit dem Malen von Ölgemälden verglichen verfügst du hier über die gesamte Farbpalette. Du kannst Figuren von außen betrachten oder ihre Gedanken wiedergeben, die erzählte Welt aus der Vogelperspektive beschreiben oder ganz nah heranzoomen.

Der auktoriale Erzähler wird meist als allwissend beschrieben. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass er immerzu alles verrät, was er weiß. Vielmehr kann prinzipiell alles erzählt werden, muss jedoch nicht.

Ein auktorialer Erzähler kann sich auch bewusst mit dem Autor gleichsetzen. So wird die Illusion der Authentizität erzeugt und ein besonderes Band zum Leser geknüpft. Autor und Erzähler sind dennoch keinesfalls identisch. Auch diese Art des auktorialen Erzählers bleibt letztlich ein Konstrukt.

Der Erzähler als vermittelnde Instanz

So viel man auch vom Erzähler spricht – es ist immer noch der Autor, der schreibt. Er setzt den Erzähler gewissermaßen ein, als vermittelnde Instanz, welche die Geschichte erzählt. Diese begriffliche Trennschärfe ist wichtig, denn nur so kannst du die Möglichkeiten bei der Wahl des Erzählers voll erfassen und für dich nutzen.

Der auktoriale Erzähler ist eine sehr traditionsreiche Erzählinstanz. Im 19. Jahrhundert wurden Romane üblicherweise auf diese Weise verfasst. Im 20. Jahrhundert hingegen haben der personale Erzähler sowie multiperspektivisches Erzählen ihm zum Teil den Rang abgelaufen. Doch auch in jüngster Zeit finden sich immer wieder erfolgreiche Romane, die das auktoriale Erzählen auf ganz besondere Weise für sich nutzen.

Als Autor solltest du dir dessen bewusst sein, für welche Erzählweise du dich entscheidest. Beim Lesen ist ein tiefgehendes Verständnis der Thematik nur nötig, wenn du einen Roman analysierst, etwa, um etwas für dein eigenes Schreiben zu lernen.

Wirkung auktorialen Erzählens

Die eine Erzählweise ist nicht perse besser oder schlechter als eine andere. Vielmehr bringt jede von ihnen ganz besondere Wirkungen mit sich.

Ein Blick auf die Chancen und Herausforderungen auktorialen Erzählens hilft dir dabei, dich für eine Erzählweise zu entscheiden. Zudem lernst du, dessen Möglichkeiten optimal für dich zu nutzen.

Chancen auktorialen Erzählens

Auktoriales Erzählen erlaubt es dir in besonderer Weise, mit der Erzählperspektive zu spielen. Du kannst dem Leser die erzählte Welt mit den Augen der einen oder der anderen Figur vermitteln und flexibel zwischen ihnen wechseln. Auch neutrale Erzählweisen sind möglich, in denen von außen beschrieben wird, was geschieht.

Das Besondere an der auktorialen Erzählweise ist, dass du dich nicht auf eine Möglichkeit festlegst. Der auktoriale Erzähler verfügt über die gesamte Geschichte und entscheidet, wann er welchen Aspekt aus welchem Blickwinkel vermittelt.

Durch die Allwissenheit ist es für den auktorialen Erzähler kein Problem, Hintergrundinformationen einzustreuen. Sobald nötig, können Details zu den Figuren oder zu deren Hintergrund erläutert werden. Beim Schreiben bist du nicht an die Perspektive einer bestimmten Figur gebunden. Der auktoriale Erzähler kann auch Geschehnisse in der Zukunft andeuten – ein beliebtes Mittel zur Spannungserzeugung.

Den Großteil anspruchsvoller Romane macht eine gewisse psychologische Tiefe aus. Auktoriales Erzählen ermöglicht es, Einblicke in das Innenleben der unterschiedlichsten Figuren zu erlangen. Dies erleichtert es, innere Konflikte darzustellen. Das Mit- und Gegeneinander der Handlungsträger wird immer auch in deren Gedanken und Gefühlen reflektiert.

Der klassische auktoriale Erzähler nimmt den Leser bei der Hand. Er kann ihn direkt ansprechen und die Handlungen der Figuren oder die Geschichte insgesamt kommentieren. So entsteht eine gewisse Nähe zwischen Leser und Erzähler. Ist der Erzählstil besonders gelungen und die Art und Weise, mit welcher der auktoriale Erzähler auf die fiktionale Welt schaut, reizvoll oder interessant, motiviert dies zum Weiterlesen.

Herausforderungen auktorialen Erzählens

Beim auktorialen Erzählen kann eine gewisse Distanz zwischen der Geschichte und dem Leser entstehen. Die ordnende Hand des Erzählers tritt im Text meist deutlich zum Vorschein, etwa durch

  • die Auswahl an Informationen
  • den Wechsel zwischen verschiedenen Perspektiven
  • eine Mischung aus zusammenfassenden und szenischen Passagen
  • ein Spiel mit Nähe und Abstand
  • sowie Erzählerkommentare.

Die Kommentare des auktorialen Erzählers können belehrend wirken. Unter Umständen entsteht so eine gemächliche Stimmung, welche den Fortgang der eigentlichen Geschichte ausbremst. Häufig wird dieser Aspekt auktorialen Erzählens als altmodisch wahrgenommen.

Das Identifikationspotential mit der Hauptfigur liegt beim auktorialen Erzählen im Gegensatz zu anderen Erzählweisen nicht auf der Hand. Wir nehmen die Geschichte nicht nur aus einer Perspektive wahr. Je nach Erzählstil grenzt sich der auktoriale Erzähler mehr oder weniger von den Figuren ab und damit tun wir dies auch.

Die größte Herausforderung auktorialen Erzählens liegt darin, mit den vielen Möglichkeiten gut umzugehen. Die große Freiheit, grundsätzlich erzählen zu können, wie man möchte, trägt nicht automatisch zur Qualität der Geschichten bei. Häufig ist vielmehr das Gegenteil der Fall: Indem du über eine riesige Fülle an Optionen verfügst, fällt es schwer, dich so zu entscheiden, dass es der Geschichte dienlich ist.

Aus allen möglichen Perspektiven erzählen zu können, zwischen Innen- und Außenleben, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und allen Orten der Welt hin und her wechseln zu können, führt beim Schreiben häufig zur Beliebigkeit in der Wahl der Mittel. Die Erzählweise wirkt dann schnell ungelenk, Perspektivwechsel womöglich unmotiviert.

Der Leser verliert erst die Orientierung und schließlich die Lust.

Entscheidungen auktorialen Erzählens

Die Chancen und Herausforderungen auktorialen Erzählens machen deutlich, wie viele Entscheidungen es mit sich bringt. Die Fülle an Möglichkeiten eröffnet eben nicht nur Freiheiten, sondern zwingt dich auch dazu, aus ihnen zu wählen.

Hast du dich für einen auktorialen Erzähler entschieden?

Dann sind hier ein paar wichtige Fragen, die du mit deinem Schreiben beantworten solltest:

  • Wie nah rückt der Erzähler wann an das Geschehen heran?
  • Welche Perspektive nimmt der Erzähler an welcher Stelle ein?
  • Wann schildert er Handlungen von außen und wann gibt er Gedanken wieder?
  • Wird das Innenleben aller Figuren erfahrbar oder nur einzelner?
  • Welche Informationen lässt der Erzähler dem Leser an welcher Stelle der Geschichte zukommen?
  • Welche hält er vor ihm verborgen?
  • Kommentiert der Erzähler das Geschehen?
  • Wenn ja, wann genau und auf welche Weise?

Vergleich mit anderen Erzählweisen

Es gibt mindestens so viele Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen, wie es Erzählungen gibt. Mindestens, da in einer Geschichte nicht eine Erzählsituation allein vorliegen muss. Dennoch lässt sich diese Vielfalt durchaus kategorisieren.

Hier soll nun der auktoriale Erzähler weiteren Möglichkeiten gegenübergestellt werden. Welches besondere Verhältnis ergibt sich jeweils?

Auktorialer Erzähler und personaler Erzähler

Die Perspektive des auktorialen Erzählers ist prinzipiell keinen Beschränkungen unterlegen, doch er kann nie alle Möglichkeiten ausnutzen. Die Ausführungen des personalen Erzählers hingegen sind an die Wahrnehmung, an das Denken sowie an das Fühlen einer bestimmten Figur gekoppelt.

Ebenso wie der auktoriale Erzähler ist er kein Teil der fiktionalen Welt, es liegt also eine heterodiegetische Erzählsituation vor. Doch anders als der auktoriale Erzähler sind ihm Kommentare zum Geschehen fremd, die Sicht auf die Dinge geht ganz und gar in der Sicht der entsprechenden Figur auf. Deshalb wird auch häufig von einer Reflektorfigur gesprochen.

Die Vorteile des personalen Erzählens liegen auf der Hand: Dem Leser wird das Erleben einer Figur scheinbar ungefiltert zugänglich gemacht. Er ist damit aufs engste mit deren Wahrnehmung verknüpft. Vom Identifikationspotential bis zum Spannungsaufbau bieten sich hiermit Chancen.

Andererseits führt diese Beschränkung dazu, dass die möglichen Mittel kreativen Schreibens beschränkt sind.

Anders als beim auktorialen Erzähler können wir als Autoren nicht beliebig zwischen unterschiedlichen Positionen, Perspektiven und Erzählweisen wechseln. Einen guten personalen Erzählstil zeichnet aus, dass er konsequent gestaltet und umgesetzt wird.

Auktorialer Erzähler und Ich-Erzähler

Auf den ersten Blick erscheinen diese beiden Erzählweisen einander entgegengesetzt. Doch sie sind sich näher, als man vermuten mag.

Auch der auktoriale Erzähler kann ein Ich sein, das eine Geschichte erzählt. Dies wird besonders deutlich, wenn er das Geschehen kommentiert. Anders als der Ich-Erzähler ist er kein Teil der erzählten Welt. Es gibt lediglich das erzählende Ich, während beim Ich-Erzähler immer erzählendes Ich und erlebendes Ich zueinander im Verhältnis stehen.

Die Ich-Erzählsituation wirkt häufig besonders authentisch. Der fiktionalen Geschichte wird in diesem Sinn besondere Echtheit unterstellt. Doch genau damit kann auch gespielt werden. So lässt sich der Ich-Erzähler auch gut für unzuverlässige Erzählweisen nutzen.

Sowohl beim auktorialen Erzähler als auch beim Ich-Erzähler tritt die Erzählerfigur deutlich in Erscheinung. Die Art und Weise der Darbietung, ein bestimmter Erzählstil und auch die Einstellung des Erzählers zum Geschehen werden deutlich. In diesem Sinn unterscheiden sich die beiden Erzählweisen stark von einem personalen Erzähler.

Auktorialer Erzähler und multiperspektivisches Erzählen

Multiperspektivisches Erzählen ist ein Übergriff für eine Reihe ganz unterschiedlicher Erzählweisen. So ist eine Kombination mehrerer personaler Erzähler oder auch mehrerer Ich-Erzähler denkbar, die sich etwa in einzelnen Kapiteln abwechseln.

Doch auch auktoriales Erzählen hat meist eine multiperspektivische Komponente. Der Erzähler kann sich eine Ausdrucksweise einzelner Figuren aneignen, manchmal nur für eine kurze Textpassage oder gar einen einzigen Satz. Er kann zwischen den Perspektiven unterschiedlicher Figuren absatzweise hin und her wechseln, aus der Vogelperspektive auf das Geschehen blicken oder aus einem neutralen Blickwinkel – und all dies in beliebiger Kombination.

Dieser kurze Anriss der Möglichkeiten macht klar: Der Multiperspektivität auktorialen Erzählens sind keine Grenzen gesetzt. Der Reiz, sich dieser Erzählweise zu bedienen, ist dabei auch in diesem Sinn immer mit der Herausforderung verknüpft, bei der Wahl der Erzählerischen Mittel nicht beliebig zu werden.

Der auktoriale Erzähler – Beispiele

Kein auktorialer Erzähler gleicht dem anderen.

Die Kommentarfunktion kann einen größeren oder kleineren Raum einnehmen oder so gut wie ganz verschwinden. Der Blick auf die Figuren kann durchgehend von außen erfolgen oder durch häufige Innensichten ergänzt sein.

Der auktoriale Erzähler ist in den Romanen des 19. Jahrhunderts die wohl üblichste Erzählform. Doch auch in der Gegenwartsliteratur finden sich immer wieder Beispiele, die sich seiner bedienen. Die folgenden drei Werke eröffnen einen Einblick in die Bandbreite der Möglichkeiten auktorialen Erzählens.

Theodor Fontane: Effi Briest (1894/95)

Im berühmten Eheroman Theodor Fontanes findet sich über weite Strecken ein Erzählerbericht, in dem der Erzähler immer wieder Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt unterschiedlichster Figuren eröffnet. Er verfügt damit über ein Wissen, welches das der Figuren übersteigt. Er ist somit an keine bestimmte Sichtweise gebunden.

Diese Allwissenheit wird an vielen Stellen mit dem Versuch gepaart, eine realistische, nahezu neutrale Beschreibung der Schauplätze zu bieten. Der Erzählstil schwankt zwischen partieller Subjektivität und behaupteter Objektivität.

Mit expliziten auktorialen Kommentaren hält sich der Erzähler zurück. Implizit finden sich jedoch immer wieder Textstellen, in denen hinter der wertenden Ausdrucksweise die Haltung des Erzählers zu vermuten ist.

Die folgende Textstelle gegen Ende des Romans verdeutlicht die Kombination aus den Gefühlsregungen der Figuren, einer eher neutralen Schilderung und den impliziten Kommentaren des Erzählers:

Der Mai war schön, der Juni noch schöner, und Effi, nachdem ein erstes schmerzliches Gefühl, das Rollos Eintreffen in ihr geweckt hatte, glücklich überwunden war, war voller Freude, das treue Tier wieder um sich zu haben. Roswithe wurde belobt, und der alte Briest erging sich, seiner Frau gegenüber, in Worten der Anerkennung für Instetten, der ein Kavalier sei, nicht kleinlich, und immer das Herz auf dem rechten Fleck gehabt habe.“Schade, dass die dumme Geschichte dazwischenfahren musste. Eigentlich war es doch ein Musterpaar.“ Der Einzige, der bei dem Wiedersehen ruhig blieb, war Rollo selbst, welcher entweder kein Organ für Zeitmaß hatte oder die Trennung als eine Unordnung ansah, die nun einfach wieder behoben sei. Dass er alt geworden, wirkte wohl auch mit dabei. (Vgl. Theodor Fontane, Effi Briest, Reclam 2002, S. 326)

Insgesamt ist der Roman ein gutes Beispiel für die mögliche Virtuosität auktorialen Erzählens. Fontane gelingt es in einmaliger Weise, sich aus den unendlichen Möglichkeiten für eine bestimmte ästhetisch überzeugende Form zu entscheiden.

Thomas Mann: Der Zauberberg (1924)

Der große philosophische Roman Thomas Manns gilt als typisches Beispiel der literarischen Moderne. Auch in dieser Epoche literarischer Innovationen finden sich Beispiele auktorialen Erzählens.

Der Erzähler wirkt einerseits distanziert, andererseits stark am Innenleben des Protagonisten beteiligt. An anderen Stellen zieht er sich wieder auf eine Kommentarfunktion zurück, die das Geschehen mit einem gehörigen Abstand beurteilt. Hierdurch entsteht eine ironische Brechung. Schon die Eingangspassage des Romans verdeutlicht diese Haltung des Erzählers. Indem er von „wir“ spricht, verbündet er sich mit dem Leser und blickt so auf seine Hauptfigur:

Die Geschichte Hans Castorps, die wir erzählen wollen, – nicht um seinetwillen (denn der Leser wird einen einfachen, wenn auch ansprechenden jungen Mann in ihm kennenlernen), sondern um der Geschichte willen, die uns in hohem Grad erzählenswert scheint (wobei zu Hans Castorps Gunsten denn noch erinnert werden sollte, daß es seine Geschichte ist, und daß nicht jedem jede Geschichte passiert): diese Geschichte ist sehr lange her, sie ist sozusagen schon ganz mit historischem Edelrost überzogen und unbedingt in der Zeitform der tiefsten Vergangenheit vorzutragen. (Vgl. Thomas Mann, Der Zauberberg, S. Fischer 1924, S.9)

Am Beispiel des prägenden Themas Zeit wird im Zauberberg deutlich, wie virtuos hier Form und Inhalt miteinander ins Spiel gesetzt werden. Einerseits wird im Roman immer wieder über das Thema Zeit theoretisiert. Andererseits macht die Erzählweise durch das Verhältnis von Erzählzeit zu erzählter Zeit genau dieses Thema für den Leser erlebbar.

Die gestalterischen Eingriffsmöglichkeiten auktorialen Erzählens bieten damit eine große Chance, den Kern einer Geschichte nicht nur zu benennen, sondern sprachlich zu gestalten.

Juli Zeh: Spieltrieb (2004)

Juli Zehs Erfolgsroman ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Texte der Gegenwartsliteratur durchaus auf auktoriale Weise erzählt werden können. Schon allein die Überschriften der einzelnen Kapitel weisen auf die Allwissenheit des Erzählers sowie seine Kommentarfunktion hin, mit denen er gewissermaßen über der Geschichte schwebt:

Im Rahmen einer musikalischen Rückblende offenbart sich der Grund für Adas Anwesenheit auf Ernst-Bloch (Vgl. Juli Zeh, Spieltrieb, btb Verlaf 2006, S.77)

Ada schwingt Macheten und weiß als einziger Mensch in der Republik, dass Erfurt ein Grund zur Freude war. (Vgl. Juli Zeh, Spieltrieb, btb Verlaf 2006,S.196)

Am Ende des Romans wird der Erzähler mit einer Figur gleichgesetzt. Es handelt sich um die Richterin, die mit dem Fall betraut ist, um den sich die Geschichte dreht.

Handelt es sich also überhaupt um einen auktorialen Erzähler im eigentlichen Sinn?

Die Wiedergabe von Gedanken und Erinnerungen einzelner Figuren, die Kommentare und Vorausdeutungen wirken angesichts dieser erzählerischen Pointe wie eine Anmaßung. Denn die Erzählerfigur hat all dies nicht wirklich wissen können.

Bei näherer Betrachtung widerspricht diese Machart einem auktorialen Erzählstil jedoch keinesfalls. Die über die Akten gebeugte Richterin ist nicht wirklich Teil der Geschichte, sondern eher eine wundervolle Metapher für den auktorialen Erzähler als solchen, der über die Geschichte und die Art, wie er diese vermittelt, nach seinen eigenen Maßstäben verfügt.

Und wie erzählt DEIN auktorialer Erzähler?

Die Chancen und Herausforderungen auktorialen Erzählens machen vor allem eines deutlich: Die Möglichkeiten, deine ganz eigene Erzählweise zu gestalten, sind unendlich.

Die spannende Frage ist nicht allein, ob du dich für einen personalen Erzähler, einen Ich-Erzähler oder einen auktorialen Erzähler entscheidest. Mindestens genauso relevant ist es, wie genau dieser die Geschichte darbietet.

Solltest du dich für eine auktoriale Erzählsituation entscheiden, führt dies zu zahlreichen weiteren Entscheidungen während des Schreibprozesses. Die wichtigste Voraussetzung, um hierbei erfolgreich zu sein, liegt darin, dass du dir der Möglichkeiten bewusst bist.

Die Erzählweise deines Romans sollte nicht willkürlich sein, sondern bewusst gewählt. Dies schließt die assoziative, manchmal rauschartige Schaffensweise Kreativen Schreibens nicht aus, sondern geht mit ihr im besten Fall Hand in Hand.

Wie genau ist die Erzählsituation in deinem Roman beschaffen?

Was zeichnet DEINEN auktorialen Erzähler aus?

Indem du deinen Roman zu Papier bringst, beantwortest du auch diese Fragen.

4 Kommentare, sei der nächste!

  1. Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Bis zum letzten, erschienenen Buch, floß die Geschichte, das Buch, aus einer ebensolchen, aus mir heraus. Erst im Siebten, bisher unveröffentlichten, wegen diesen Irrsinns jetzt, stellte sich mir die Frage, bleibe ich beim Ich, oder werde ich wieder der allwissende Erzähler. Letztlich entschied ich mich hier bewusst das erste Mal, für den Allwissenden, auch trennte ich die Ursprungsgeschichte auf, in dem ich den Leser im Ungewissen lasse, knallt der sich ab, oder gibt es einen Weg ins Leben zurück. Kann es eigentlich gar nicht. Ich kann mich an kein Buch erinnern, dass das Ende schon am Anfang zeigt, allerdings in Filmen wird das oft so gemacht, was den Film nichts negatives bringen muss. Im Gegenteil, ich denke dann Sch… doch nicht Gott, der hilft. oder das Erwachen aus einem bösen Traum.

  2. Kann man die Perspektive Erlebtes-Ich mit auktorialem Erzaehlen kombinieren?
    Zum Beispiel arbeite ich an einem Krimi bei dem ein Sportler ermordet wird. Der Fall wird von einem Detektiv untersucht, doch als dieser keinen Erfolg aufweisen kann, mischt sich der Bruder des ermordeten ein und sucht nach dem Moerder.
    Und ich dachte mir die Geschichte aus dem Erlebten-Ich aus der Sicht des Bruders zu erzaehlen. Aber so, dass er auch gewissermassen Allwissend ist, da er das vergangene erzaehlt.
    Macht das Sinn?
    Freue mich auf eine Antwort. 🙂

    1. Lieber Mansur, das ergibt absolut Sinn. Ein Ich-Erzähler, der Vergangenes erzählt und ein auktorialer Erzähler sind überraschend eng beieinander. Der Ich-Erzähler verfügt ja in ganz ähnlicher Weise über den Stoff. Allerdings ist hier die Komponente des Unzuverlässigen ebenfalls besonders wichtig …
      Viele Grüße!
      Andreas

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert