Schreiben – dein Türöffner für persönliches Wachstum!

von Paul Henkel

Die wichtigste Geschichte, die du in deinem Leben erzählst, ist deine eigene. Du entwickelst sie jeden Tag. Minute für Minute. Schenkst du ihr die Aufmerksamkeit, die sie verdient?

Nimm dir regelmäßig Zeit für eine Reise nach innen. Für dein persönliches Wachstum mit Hilfe von Stift und Papier. Deine nächsten Kurzgeschichten oder dein nächster Roman werden es dir danken.

Wir haben alle einen vollen Terminkalender. Die Zeit, die du dir zum Schreiben nimmst, hast du dir wahrscheinlich mühevoll freigehalten. Es sind deine Auszeiten vom Alltag. Und ich sage dir jetzt, dass du von dieser kostbaren Zeit etwas abzweigen solltest? Ja, unbedingt. Es ist ein kontra-intuitiver Ratschlag, ich weiß. Aber er ist aus meiner Erfahrung und der Erfahrung von tausenden anderen Menschen extrem wirksam.

Halte die Basis deines Schreibens gesund.

Es ist unabdingbar, sich seines eigenen Zustands und des Zustands der Welt bewusst zu sein, um gut zu schreiben.

Zwar hält sich in Schriftstellerkreisen der Mythos, dass jeder gute Autor zumindest etwas depressiv ist und an der Welt leiden muss. Ernest Hemingway wird dann gern zitiert: “There is nothing to writing. All you do is sit down at a typewriter and bleed.” Ich halte es allerdings eher mit Elizabeth Gilbert, die sagt: “Ich habe festgestellt, dass es mir fast unmöglich ist zu schreiben, wenn ich unglücklich bin.” Es ist unabdingbar, sich seines eigenen Zustands und des Zustands der Welt bewusst zu sein, um gut zu schreiben. Was auch immer gut genau für jeden Einzelnen von uns heißt.

Aber hier hapert es. Wir werden von einem Dauerstrom an Informationen durch den Tag gespült und landen abends auf der Couch, ohne noch genau zu wissen, was wir alles gesehen, gehört oder gelesen haben. Beim Versuch, den Tag Revue passieren zu lassen, stoßen wir dann auch schnell auf erste Ärgernisse. Um die Unzufriedenheit wegzudrücken, schalten wir den Fernseher an oder setzen uns wahlweise an den Rechner, um an unserem Roman oder Sachbuch weiterzutippen. Wir fliehen. Wir lenken den Fokus weg von uns. Auf die Geschichte. Das recherchierte Thema. Den Text.

Hast du den Mut, deinem Ich ohne den Schutz der Geschichte zu begegnen?

Es geht nicht um ein Entweder-Oder. Ich selbst liebe es, meine Befürchtungen, Ängste und Hoffnungen in Geschichten zu gießen. Ich lade dich einfach ein, dein Repertoire an Schreiboptionen zu erweitern – und zwar um eine Option, die ausnahmsweise nicht den Leser, sondern dich und dein Wohlbefinden im Fokus hat. Das darf auch mal sein.

Dass Schreiben sehr wirksam ist, will man den eigenen emotionalen Zustand verstehen und verbessern, ist in anderen Ländern längst auch im Gesundheitssystem angekommen. In den USA forscht man seit Jahrzehnten zu Poesietherapie und nutzt diese Form des Schreibens ganz selbstverständlich zur unterstützenden Behandlung von psychischen und physischen Krankheiten. In Deutschland werden Formen des expressiven oder reflektierenden Schreibens leider immer noch oft mit tagebuchschreibenden Teenagern verbunden. Dabei könnte jeder von dieser Art zu schreiben profitieren.

Wenn du (wie ich) ein Freund von Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen bist, können dich vielleicht die Forschungsergebnisse motivieren, dem reflektierenden Schreiben eine Chance zu geben.

Die Wirkung des expressiven und reflektierenden Schreibens

Wer sich regelmäßig – und seien es nur 15 Minuten – Zeit nimmt, profitiert von einer ganzen Reihe gesundheitlicher Vorteile. Schreiben verbessert so nicht nur dein psychisches, sondern auch dein körperliches Wohlbefinden.

Reflektierendes bzw. expressives Schreiben und dein persönliches Wachstum

  • reduziert Ängste und Stress
  • wirkt sich positiv bei Depressionen aus
  • unterstützt bei der Überwindung von Traumata (1.-3. vor allem beim Schreiben über als belastend empfundene Erfahrungen)
  • fördert Achtsamkeit und Selbstregulation (z.b. das Unterbrechen von negativen Gedankenspiralen)
  • verbessert die allgemeine Gemütslage, vor allem bei zukunftsgerichtetem Schreiben
  • stärkt das Selbstbewusstsein, beim Schreiben über positive Erfahrungen
  • verbessert die emotionale Intelligenz durch die Reflexion eigener Gefühle und der Gefühle anderer
  • fördert erholsamen Schlaf
  • verbessert die Kreativität – gut nachgewiesen durch die vielen Schreiber, die auf Julia Camerons Morning Pages vertrauen

Die Wirkungen auf körperlicher Ebene sind vor allem für das expressive Schreiben nach James Pennebaker gut erforscht. Es senkt z.B. den Blutdruck, verbessert die Leistungsfähigkeit des Immunsystems und die Wundheilung. Studien haben sogar bei Patienten Asthma und AIDS und Suchterkrankungen positive Effekte des expressiven Schreibens feststellen können.

Wie findest du dein Schreibritual?

Vergiss den Textaufbau oder irgendwelche Leitfragen auf deiner Reise nach innen.

Ein wenig mehr Kreativität, besserer Schlaf und mehr Selbstdisziplin: Allein deswegen würde das expressive Schreiben jedem Schreiber und seinen Texten gut tun. Wenn du neugierig geworden bist, was das reflektierende Schreiben für dich bewirken kann und du es ausprobieren willst, brauchst du daraus also keine Wissenschaft zu machen. Du brauchst eben nicht irgendeine bestimmte Form zu berücksichtigen. Vergiss den Textaufbau oder irgendwelche Leitfragen auf deiner Reise nach innen. Das expressive Schreiben ist erst einmal nicht besser oder schlechter als die Morning Pages. Halte dich nicht zwingend an irgendwelche Regeln und Strukturen. Hör auf deine Intuition.

Du kannst nichts falsch machen.

Nimm dir einfach genug Zeit. Wenn du dich unter Zeitdruck hinsetzt, bringt es nichts. Du entspannst beim Friseur ja auch nicht, wenn du weißt, dass vor 5 Minuten dein nächster Termin angefangen hat. Setz dich also mit genug Zeit vor ein weißes Blatt Papier. Und dann lass dich im Moment ankommen.

Vielleicht nimmst du noch einen Tee oder Kaffee dazu oder was du sonst gerne trinkst und suchst dir einen besonderen Schreibplatz. Schaff dir einfach einen entspannten Rahmen, der dir signalisiert, dass jetzt eine positive Auszeit beginnt. Schöner (auch wissenschaftlich belegter) Nebeneffekt: Wenn du immer die gleichen äußeren Rahmenbedingungen nutzt, weiß dein Unterbewusstsein mit der Zeit, was gleich kommt und du kommst schneller in den Schreibfluss.

Dann leg los und lass dein Gedankenchaos aufs Papier fließen oder die wenigen zögerlichen Worte, die sich aus deiner gedanklichen Stille bilden. Lass dich überraschen, was dein Inneres dir schon längst sagen wollte, du aber durch den ganzen Lärm des Lebens nicht hast hören können.

Du wirst vielleicht direkt danach schon eine Erleichterung spüren oder größere Klarheit.

Aber hier geht es nicht um ein Wundermittel.

Schreiben wirkt über die Zeit.

Gib dir mindestens einen Monat, wenn das reflektierende Schreiben für dich eine komplett neue Schreibform ist.

Ich persönlich reserviere mir das Wochenende für einen längeren Blick nach innen und nutze in der Woche das 5-Minuten-Journal. Seit ich diese Gewohnheiten in meinen Tag eingebaut habe, haben sich viele Schreibblockaden aufgelöst und mein Schreiben hat eine andere Qualität bekommen.

Nimmst du dir regelmäßig Zeit, um aus der Intuition heraus zu schreiben?

Hast du Wirkungen auf deine kreativen Schreibprojekte feststellen können?

Schreib mir gerne einen Kommentar oder eine Mail.

Weiterführende Literatur:

James W. Pennebaker: Heilung durch Schreiben. Ein Arbeitsbuch zur Selbsthilfe.

Katie Dalebout: Let it out. A Journey Through Journaling.

Julia Cameron: Der Weg des Künstlers. Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität..

 

Paul Henkel ist Gründer von Schreiben wirkt. Er bloggt darüber, wie jeder Schreiben als Weg nutzen kann, um persönlich zu wachsen. Auch in seinen Coachings nutzt er regelmäßig die Kraft des Schreibens, um Veränderungen anzustoßen und voranzutreiben.
Konkrete Übungen findest du auch in seinem kostenlosen E-Book „Du bist wertvoll! – Schreibimpulse für ein gesundes Selbstwertgefühl“

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