Routinen – Des Autors Freund und Feind zugleich! (Podcast Episode 24)

Ist dein Tag getaktet und für Kreativität gibt es darin keinen Platz? Oder ermöglicht dir gerade die Stuktur kreativ zu sein? Routinen können dein bester Freund sein. Oder dein schlimmster Feind. Erfahre jetzt, wie du sie für dein Schreiben nutzbar machst und dich nicht von ihnen einengen lässt.

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Shownotes

„wir können nicht klagen.

die verhältnisse sind geordnet.

wir sind satt.

wir essen.“

Hans Magnus Enzensberger in „middle class blues“, vgl. Poetische Sprachspiele, Reclam 2002, S.226

Mein „Sabbatjahr“

Um endlich mal genug Zeit zum Schreiben zu haben, aber auch für „Schreiben und Leben“, also um dein Schreiben voranzubringen, habe ich vor einiger Zeit in meinem Job als Gymnasiallehrer ein Sabbatjahr beantragt. Und darauf gab es eine Reaktion von einer Person aus meinem Arbeitsumfeld, die mich etwas geärgert hat. „So entwickelt man ja überhaupt keine Routine!“ hieß es da.

Meine spontane Reaktion in Gedanken

  • „Ich habe doch schon so viele Routinen, die mir im Alltag helfen! Mehr brauche ich davon nicht!“
  • „Vielleicht ist diese Person einfach nur neidisch auf mich…“
  • „Ich will überhaupt keine Routine, denn Stillstand ist der Tod, in der Bewegung liegt die Kraft! wie die Fantas schon wussten.“

Als mein erster Ärger verraucht war, dachte ich noch einmal nach und sagte mir: „Da tust du den Routinen ganz schön unrecht!“ Denn natürlich können Routinen wertvoll und hilfreich sein. Sie müssen doch nicht zwangsläufig zu geistiger Unbeweglichkeit und Alltagstrott führen.

Doch wie nutzen wir Routinen also in diesem fruchtbaren Sinn, ohne uns von ihnen einschränken zu lassen?

Routinen als Feind des Autors

  • Kreativität: Um auf interessante Ideen zu kommen, die auch andere Menschen begeistern, müssen wir etwas erleben und sollten die immergleichen Pfade unserer Überlegungen und Denkweisen verlassen.
  • Innovationen auf allen Ebenen: Nicht nur bei den Ideen und Inhalten, sondern bei allen Aspekten des Schreibens ist es wichtig, sich auf Neues einzulassen, z.B. in den Bereichen Ausdruck, Stil und Struktur. Der immergleiche Schreibtrott kann da hinderlich sein.
  • Anregen deiner Schöpfungskraft: Meine Schreibseminare basieren darauf, deine Kreativität anzuregen. Du bekommst Impulse, die deine Assoziationskraft anregen und die dir dabei helfen, in dir verborgene Geschichten zum Leben zu erwecken. Überraschungen, unvorhersehbare Kombinationen und manchmal auch der Sprung ins kalte Wasser helfen dabei. Keinesfalls die immer gleichen Routinen und Herangehensweisen.

Sind Routinen also der schlimmste Feind des Autors? An dieser Stelle könnte man die Episode mit dieser Feststellung beenden. Das wäre aber natürlich recht traurig…

Routinen als Freund des Autors

Wie ist es möglich, dass Routinen zugleich der beste Freund und der schlimmste Feind des Autors sein sollen?

Routiniert schreiben

Routiniert schreiben bedeutet nicht, dass das Schreiben zur Routine wird. Die Regelmäßigkeit stärkt vor allem deine Fähigkeit, in einen Schreibflow zu kommen. Unterscheide zwischen der Routine, das Schreiben als Kultur-, Erinnerungs- oder Kreativitätstechnik zu nutzen, und dem Einzigartigen, Neuen, das sich dabei jeweils ereignet.

Routinen im Leben

Ohne Routinen wären wir im Alltag aufgeschmissen. Jeder Morgen, jeder Einkauf im Supermarkt würde zur Tortur werden. Andererseits bedeutet dies aber nicht, dass das ganze Leben zur Routine werden sollte. Routinen sollten also nicht den Charakter unserer Lebensweise bestimmen, sondern vielmehr den Raum eröffnen, in dem sich das Einzigartige entfalten kann. Wenn du also z.B. jeden Morgen von 6:00 bis 8:00 Uhr fünf Seiten schreibst, dann kann das wahnsinnig hilfreich sein, um deine Kreativität fortzuentwickeln. Routinen bilden in diesem Sinn einen Rahmen, der dabei hilft, das Besondere entstehen zu lassen.

Routinen nicht als Selbstzweck sehen

Routinen können mächtige Unterstützer sein, wenn es darum geht, Vorhaben umzusetzen und unsere Ziele zu erreichen. Sie können jedoch ebenso einengen, wenn wir sie nicht mehr hinterfragen und uns von ihnen vorschreiben lassen, was wir zu tun haben.

An allererster Stelle steht somit die Selbsterkenntnis und die Frage nach der Motivation zu schreiben.

Wozu willst du das tun?

Wenn dir das wirklich klar ist, kannst du Schreib- und Alltagsroutinen entwickeln, die dich in deinem Prozess kräftig unterstützen.

Achtsamer Umgang mit Routinen

Sei dir dessen bewusst, dass Routinen sowohl zum Freund als auch zum Feind werden können. Lass sie nie so viel Macht über dich erlangen, dass sie dich daran hindern, Neues auszuprobieren und so deiner Kreativität schaden.

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Nun aber zum Abschluss zurück zum Thema Routine und zu Hans Magnus Enzensbergers Gedicht „middle class blues“. So wie ich mit den ersten Versen begonnen habe, möchte ich mit den letzten enden:

„die teller sind abgespült.

der letzte autobus fährt vorbei.

er ist leer.

wir können nicht klagen.

worauf warten wir noch?“

Hans Magnus Enzensberger in „middle class blues“, vgl. Poetische Sprachspiele, Reclam 2002, S.226

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